Dein Hund muss hinter dir laufen – und andere Thesen

Der Hund muss hinten gehen.

Nur so behältst du die Kontrolle und kannst die Führung übernehmen!

Keine Ahnung, wie häufig ich diese Aussage schon gehört habe. Und ich bin ebenso oft daran verzweifelt.

Denn unser Hund hat es nie gut ausgehalten, hinter seinen Menschen zu bleiben.

Als lauffreudiger und agiler Bursche strebt Pinto geradezu nach vorn. Hinten hält er sich eigentlich nur auf, wenn er schnuppern möchte oder müde ist. Oder an Silvester, wenn’s überall pefft und knallt.
Mittlerweile gestehen wir ihm zu, auf unseren Spaziergängen dort zu laufen, wo es sich richtig anfühlt – für ihn und für uns. Das ist meistens vorne, kann aber natürlich auch hinten sein.  

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Doch es war ein Weg, um an diesen Punkt zu kommen. Lange Zeit glaubten wir, dass wir etwas falsch machen und haben alles Mögliche probiert, damit Pinto nicht an uns vorbeizieht.

Schließlich hatten wir eine sehr wichtige Erkenntnis.
Nämlich die, dass es unterschiedliche Hundetypen gibt, die – je nach Veranlagung – ihre ganz eigenen Aufgaben innerhalb eines Rudels übernehmen und dadurch völlig verschieden agieren.

Es ist für mich absolut nachvollziehbar, dass wir alle mit unseren speziellen Stärken zur Welt kommen, die sich perfekt ergänzen und dadurch unser Überleben sichern. So gibt es die Draufgänger ebenso wie die Zurückhaltenden, die Entscheider wie die Mitläufer.

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Nach dieser Typenzuordnung, auch Rudelstellung genannt, hat Pinto sich als vorderer Kundschafter entpuppt.

Das heißt, er ist derjenige, der weit vorn im Rudel läuft, um zu sichten und rechtzeitig zu melden, wenn etwas los ist.

Die Entscheidung darüber, was mit seiner Information anzufangen ist, trifft dann der Leithund oder eben der Leit-Mensch 😊. Somit sind die Aufgaben klar verteilt.

Nur weil er vorneweg läuft, kann unser Hund also noch lange nicht machen, was er möchte.

Das könnte er auch in einem Hunderudel nicht (jedenfalls nicht ohne Konsequenzen). 

Deutlich wird aber auch, dass wir ihn seiner natürlichen Position – und damit seiner Stärke – entheben würden, wenn wir ihn dauerhaft an einen anderen Platz verweisen und ihn immerzu zwingen würden, hinter uns zu gehen.

Auch aus Sicht des Rudels ist dies nicht nur ungünstig, sondern bringt womöglich alle in Gefahr. Denn wer eignet sich besser für die Rolle des Vorläufers als derjenige, dem es im Blut liegt? 

Deshalb finde ich es so wichtig, Aussagen immer wieder zu hinterfragen und zu prüfen, wie es sich im Einzelfall verhält.

Auch wenn das die unbequemere Variante ist…

 

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Trotz dieser Erkenntnis bin ich noch lange nicht davor gefeit, mich verunsichern zu lassen, wenn es um die „richtige“ Führung oder das Verhalten meines Hundes geht.

Sehr gut konnte ich das kürzlich während der Teilnahme an einem Hundekongress spüren.
Einerseits war ich dankbar für die Wissensvermittlung, andererseits fühlte ich mich unwohl und inkompetent, bis hin zu dem unschönen Gefühl „Bei uns stimmt ja gar nichts …!“

Das relativierte sich jedoch, als ich merkte, dass auch die Ansichten der Sprecher teilweise stark voneinander abwichen.

 Und so entspannte ich mich, landete wieder auf Planet Erde und dachte mir:
„Tina, du weißt es doch längst – 3 Experten, 4 Meinungen … mach’ dich nicht verrückt.“

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Bei einem Überangebot an Wissen, Theorien und Meinungen finde ich es aber auch schwierig, mich nicht verrückt zu machen (oder machen zu lassen 😉).

Dabei ist die Frage, ob der Hund hinten gehen muss, exemplarisch für viele andere.

Ich wäge deshalb mittlerweile genau ab, für welche Kanäle und Möglichkeiten ich mich noch öffne. Und lasse sie häufig ungenutzt an mir vorüberziehen …

So gerne ich auch dazulerne, so essenziell ist es für mich zu prüfen, welche Energien mir guttun, was mich wirklich bereichert und welche Ansätze letztlich zu mir und meinem Hund passen.

Denn … wenn schon verrückt, dann wenigstens nach meiner Fasson! 👍