Abschütteln

Einfach mal alles abschütteln

Ich bin ein großer Fan davon, mir von meinem Hund Dinge abzuschauen, die er ganz selbstverständlich tut.

Von der Natur können wir lernen, selbst wieder natürlich(er) zu werden. Und von unseren Hunden, die so nah mit uns leben, können wir es erst recht.
Denn sie sind – wenn wir sie lassen – noch ganz nah dran an ihrem ursprünglichen Verhalten, an ihren Instinkten und Impulsen. So empfinde ich es jedenfalls.

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Vor ein paar Tagen saß ich auf dem Sofa und fühlte mich gleichermaßen angespannt wie erschöpft. Im Innen und Außen war eine Menge los gewesen, das mich Kraft kostete, und mein Körper und Geist brauchten dringend Erholung.

Da stand Pinto, der neben mir gelegen und gedöst hatte, plötzlich auf und schüttelte sich, bevor er zu seiner Wasserschale ging, um zu trinken.

„Ja“, dachte ich, „er macht es richtig.
Einfach mal kräftig schütteln … das täte mir auch gut.“

Und so hüserte ich mich hoch, stellte mich in die Mitte des Raumes und begann, meinen ganzen Körper ein Mal durchzuschütteln, von den Füßen bis zum Kopf.

Ein bisschen komisch und ungelenk kam ich mir schon dabei vor.
Schließlich habe ich ein tierisches Vorbild. Und bei ihm kann ich richtig sehen, dass von den Ohren bis zur Schwanzspitze alles in Bewegung kommt, wenn er loslegt. Aber ich bin ja auch ein Mensch … und möchte mir im Übrigen das Vergleichen abgewöhnen 😉.

Auf jeden Fall tat es mir gut, und lustig war es außerdem – auch für Pinto, glaube ich.


Für meinen Hund gehört das Schütteln zu seinen täglichen Gewohnheiten.

Das erste Mal schüttelt er sich morgens nach dem Aufstehen. Immer.
Manchmal auch nach dem Fressen und vor dem Schlafengehen. Und wenn er aus dem Auto aussteigt, um den Spaziergang zu beginnen. Ebenso nach Hundebegegnungen, die etwas in ihm ausgelöst haben. Oder wenn wir ihm die Meinung sagen (was gelegentlich vorkommt … 😉).

Und dann natürlich nach allem, was ihm missfällt: Feuerwerke, Tierarztbesuche oder was auch immer der Mensch sich so ausdenkt …


Wie ich es empfinde, verarbeitet er damit Ereignisse und löst sich von übriggebliebener und überschüssiger Energie.

Zudem scheint es eine Art Übergangsritual zu sein.
Wie morgens nach dem Aufstehen, wenn die Nacht mit ihren Träumen zurückbleibt und der Tag beginnt.
Oder wie beim Ankommen an einem neuen Ort, dem wir uns nicht gemächlich zu Fuß, sondern (Auto)fahrend genähert haben.


Ich habe mich gefragt, wann uns Menschen so ein Schüttelritual wohl guttun könnte … wenn die Hunde es doch regelmäßig machen. Hier sind ein paar Ideen:

·       morgens nach dem Aufstehen (gemeinsam mit dem Profi auf 4 Pfoten 🌞)

·       nach einem intensiven Telefonat

·       nach dem Aussteigen – aus Auto, Bus oder Bahn (wenn wir es uns trauen … )

·       nach einer Auseinandersetzung – mit dem Partner, dem Chef oder wem auch

immer …

·       nach einem Arztbesuch

·       zwischen zwei (Online-)Meetings

·       beim Festhängen in Gedankenschleifen

·       um eine Sache bewusst abzuschließen: eine Arbeit, ein Projekt, einen Urlaub …

·       wenn wir uns verhärtet fühlen

·       nach freudigen Ereignissen (bei Bedarf) – denn auch die können uns anhängen

und Energie binden

·       am Ende des Arbeitstages, um den Feierabend einzuläuten (einzuschütteln …)

·       beim Zubettgehen

·       und immer zwischendurch, wenn uns danach ist. ❤️


Fachleute sagen, dass es auch bei der Verarbeitung von Schock und traumatischen Erlebnissen hilft.
Dabei geht es vor allem ums Zittern, genauer gesagt um neurogenes Zittern.
Und auch hier spricht man von einer angeborenen Fähigkeit – bei Tieren wie beim Menschen.


Unsere Hunde wissen und tun es instinktiv. Sie zittern oder schütteln sich spontan, wenn es an der Zeit ist.

Wenn wir uns an ihnen orientieren, sie beobachten und (gelegentlich) imitieren, dann können wir gemeinsam das Alte hinter uns lassen und mit frischer Energie vorangehen.

Indem wir einfach mal alles abschütteln. 🎉